30.06.22
Tickets Walking On Rivers, Good Times Tour 2022 in Bremen
Karsten Jahnke präsentiert

Walking On Rivers Good Times Tour 2022 30.06.22 in Bremen, Tower Musikclub

Donnerstag 30.06.22
Einlass: 19:00, Beginn: 20:00
Tower Musikclub, Herdentorsteinweg 7a, 28195 Bremen

Tickets – Walking On Rivers Bremen


Informationen

ACHTUNG: NEUER TERMIN! VERSCHOBEN VOM 06.04.2022. Tickets behalten ihre Gültigkeit.


Statement der Band:

Liebe Freund*innen, liebe Fans, liebe Ticketbesitzer*innen,

Wir haben lange hin und her diskutiert, überlegt und geplant. Wie so  
viele andere Künstler*innen zur Zeit sehen auch wir uns leider  
gezwungen, unsere geplante "GOOD TIMES" Tour von März/April auf Ende  
Juni zu verschieben. Aufgrund der weiter anhaltenden unsicheren  
pandemischen Lage, ist es einfach zu schwierig und unsicher, die  
geplanten Konzerte zu realisieren und für ein für alle sicheres und  
schönes Konzerterlebnis garantieren zu können. Dank des wunderbaren  
Teams bei Karsten Jahnke haben wir allerdings bereits neue Dates für  
euch.

Alle bereits gekauften Tickets behalten ihre Gültigkeit. Falls ihr es  
zu nicht zum neuen Datum schaffen solltet, könnt ihr  
selbstverständlich die Tickets zurückgeben. Wir hoffen, ihr könnt das  
verstehen und wir haben unfassbar Bock euch alle im Sommer auf den  
Shows zu treffen!
Take care <3
WOR"


Es brodelt etwas in diesen sechs Liedern. OK, das ahnt man vielleicht schon, wenn man den Titel ›Time To Lose Control‹ liest. Aber trotzdem: Waren Walking On Rivers nicht diese melodische Indie-Folk-Band aus Dortmund, die bei so manchem Open-Air den perfekten Song für den Sonnenuntergang parat hatte? Die kaum mehr brauchte als ihre zugänglichen, hochmelodischen Songs und den weichen Gesang von David Laudage? Was ja schon eine ganze Menge ist – zugegeben, dennoch: Von den ersten Sekunden dieser EP an spürt man, dass bei Walking On Rivers in letzter Zeit eine Menge passiert ist. Man hört, dass diese immer noch zugänglichen, hochmelodischen Songs auf eine Weise schillern, die neu ist. Man spürt, dass unter der feinen Produktion und den verspielten Effekten eine Spannung herrscht, die man beim ersten Durchhören vor lauter Melodiebesoffenheit übersieht, bis dann die Lyrics ankommen. Man erkennt die Zweifel, die in diesen Texten erst seziert – und dann mit einem selbstbewussten Refrain verdroschen werden.

Ein Einstieg, der zur Frage führt: Was’n da los? David Laudage lacht und erklärt den Titel und die Stimmung so: »Das letzte Jahr war eines, in dem viele aus unserem Umfeld sagten: ‚Is doch alles scheiße mit der Musik, mach‘ ich doch lieber was Gescheites.‘ Das brachte auch uns als Band zu der Frage: Wo wollen wir eigentlich hin?« Und diese Frage beschäftigte sie eine Weile. Nicht, weil es ihnen an Zuspruch fehlte. Eher im Gegenteil: Sie waren in den letzten Jahren gut auf Festivals und eigenen Touren in ganz Deutschland unterwegs, gelten als nimmermüde und stets mitreißende Indie-Folk-Band und sammelten mit jeder Show ein paar Fans mehr ein. Aber dann gab es eben doch ein paar Verluste in der Besetzung zu vermelden. Freunde, die nun am Ende ihres Studiums eher auf Familie setzten. Der normale Lauf der Dinge, aber für David Laudage (Bassist, Hauptsänger und Songwriter), Martin Kreuzer (Drums und vieles anderes) und Borsti Pieper (Gitarre, Co-Produktion und vieles anderes) – eben auch eine gute Gelegenheit für eine ehrliche Bestandsaufnahme. »Uns brachte das letzte Jahr an einen Punkt, uns dieser Frage zu stellen«, erklärt David. Dann lächelt er kurz und sagt: »Die Antwort hat uns gut gefallen. Da war so eine Art trotzige Euphorie, auf die dann eine sehr kreative Phase folgte.« So sei auch der Titel zu verstehen. In einer Zeit, in der es »vernünftig« erscheint, die Lehrerkarriere oder ähnliches einzuschlagen, sagte die Drei sich: »Fuck it, it’s time to lose control.« David meint: »Die Kontrolle abgeben, voll eintauchen in das Musikmachen und gucken, was passiert – das reizt uns mehr denn je. Überhaupt war Musik das, was mich im letzten Jahr durchgebracht hat. Und wenn das die Konstante im Leben ist, in einer Phase, in der sonst fast alles wegbricht, dann lohnt es sich, auch den Mut zu finden, da drauf zu setzen.« Das alles schlummert schon im Opener ›Overachiever‹. Ein schillernd produzierter Song. Hymnisch, getragen – aber mit Wumms. Mäandernd zwischen dem atmosphärischen Gitarrensound, den man mit ihnen verbindet und einem Pop-Glanz, der sich auch in geschmackvollen Radio- Playlists gut macht. Vor allem der Refrain beißt sich fest, wenn David singt: »You call me overachiever, but I’m a master believer.« David Laudage erklärt: »Immer, wenn mir eine*r sagte: ‚Mach eine Ausbildung‘ oder ‚Setz auf ein Referendariat‘, habe ich mich mehr in das Musikmachen eingegraben und da viel Arbeit und Herzblut reingesteckt. Da bin ich ‚Overachiever‘. Sich diese Einstellung gerade jetzt zu bewahren – da braucht es dann eben einen festen Glauben an das, was man künstlerisch macht.«

Diesen Glauben hört man der gesamten Band an. Und es tut den Songs mehr als gut, dass man zusammen entschieden hat, auch mal die Zeit im Studio zu nutzen. Mit dem Produzenten Sven Ludwig an ihrer Seite – der zum Beispiel mit OK Kid, Xul Zolar und Lina Maly arbeitete – fanden Walking On Rivers einen Sound, der ihre Roots erkennen lässt und zugleich weit darüber hinausweist. Als Referenzen fallen einem noch immer My Morning Jacket oder City And Colour ein, doch Walking On Rivers passen eher zum neuen Schwung im Indie-Game, der von Acts wie den Giant Rooks befeuert wird. Aber wie das immer so ist mit diesen Referenzen: Sie sind kaum mehr als eine Krücke, weil sie bei guten Bands eben nie so recht passen. Zu ›Stay In The Box‹, zweiter Song und zweite Single zugleich, könnte man zum Beispiel sagen, da schwinge am Anfang viel vom großen Folk der späten 60er und frühen 70er mit. Neil Young zu seinen ›Harvest‹-Zeiten, Crosby, Stills and Nash, Simon & Garfunkel – alles Platten, die sich David schon als Jugendlicher gerne von seinen Eltern borgte. Aber dann poliert die Band immer wieder ein wenig nach – und nach einer Minute ist da plötzlich auch ein Vocal-Sample-Wabern, der Bass wird gar für ein paar Pulsschläge funky, und man fragt sich: Äh, klingt wie? Tja, nun: Walking On Rivers. David Laudage erklärt die Bedeutung des Songs so: »‘Stay in the Box‘ hat eher eine gesellschaftliche Note für mich. Die meisten Menschen in diesem Land, und wir drei selbst auch, genießen einen gewissen Wohlstand, den wir alle mit unserem Lebensstil zelebrieren. Aber dabei verdrängen wir immer, dass das das eigentlich nur so funktioniert, wenn jeder in seiner kleinen Schublade bleibt, in die er meistens reingeboren wurde. Man weiß das, ist aber halt auch nicht bereit, das aufzubrechen, damit vielleicht einfach mal alle eine gute Zeit haben können.«

Song Nummer drei, ›Selfmade Delusion‹, schlägt lyrisch in die gleiche Kerbe. Hier singt David mit dieser Stimme, bei der manch einer kurz an die Fleet Foxes denken mag: »We’ve lost our minds / We’ve doomed this place / Until we break the bar it’s far too late / We love to deny our arrogance / fake the innocence right before our eyes / We love to rely on ignorance / Burn the evidence / let’s keep up the grind.« Wenn man diese Zeilen so liest, dann könnte man sie sich auch gut in einem wütend gebrüllten Hardcore-Song vorstellen. Was vielleicht gar nicht so abwegig ist, denn David Laudage, Martin Kreuzer und Borsti Pieper sind in ihrer früher Jugend allesamt mit eher härteren Klängen sozialisiert worden. David war zum Beispiel seit seinem 16. Lebensjahr Drummer in der mittlerweile aufgelösten Hardcore Band Gone To Waste und fand zuerst nebenbei unter dem Namen Walking On Rivers zur eigenen Stimme und zur Gitarre – die er später gegen den Bass eintauschte, als sich eine Band unter dem Namen formte. Als Hommage an die Hardcore-Band, in der auch sein Bruder spielte, schrieb David 2018 für Walking On Rivers einen Song, der den Namen ›Gone To Waste‹ trägt. Aus dieser Zeit und aus dieser Szene haben sich David und seine Bandkollegen den aktivistischen Anspruch ein wenig bewahrt. Auf Konzerten von Walking On Rivers findet man oft Info-Stände befreundeter Initiativen, und als der erste Lockdown kam im letzten Jahr organisierten sie mal eben ein Online-Konzert mit befreundeten Bands aus Deutschland und Luxemburg und sammelten damit Spenden für soziale Projekte. David erzählt: »Dieses unterschwellig gesellschaftskritische in den Lyrics gefällt uns gut und ich glaube, das habe ich aus dem Hardcore-Punk mitgenommen. Weil es da nie einfach immer nur um die Musik ging, sondern die Message oft sogar wichtiger war.«

Mit dieser EP bringen sie nun zusammen, was gut zusammengehört: Simples, kraftvolles Songwriting, das den Lagerfeuer-Test besteht, als Rückgrat. Texte, die mit wohl gesetzten Worten spannende Gedanken und Gefühle triggern. Die Spielfreude, die man von Walking On Rivers und ihren Konzerten kennt. Und eine neu entdeckte Abenteuerlust, die drauf scheißt, ob man jetzt Pop oder Indie oder Folk oder sonst was ist. Dass dabei alles ganz schlüssig klingt, liegt dann wohl auch an Produzent Sven Ludwig und an Jochen Naaf, der den finalen Mix verantwortet – beide kennen sich aus mit eigenständiger Popmusik, die auch mal ins Radio drängen will.         

Das hört man vor allem bei ›Feeling In My Bones‹, das mit seinem atmosphärischen Keyboardsound, seinem straffen Drumbeat, dem verhallten, wunderschönen Refrain und den manchmal psychedelisch reinsägenden Gitarren gleich mehrere Schubladen aufmacht – und das man sich zugleich als knackigen EDM-Remix vorstellen könnte oder als herzhaft auf zwei Akustikgitarren geschrubbte Akustikversion, die mit stampfendem Fuß als unverstärkte Zugabe serviert wird. Der vorletzte Song ›In Vain‹ ist ein ähnlich vielseitiger Bastard im besten Wortsinn, mit einem vertrackten Rhythmus und einem völlig überraschenden Vocal-Break, der klingt als wolle man sich kurz mal als Pop-Act für das Jahr 2059 empfehlen, bevor man dann in der Jetztzeit als Walking On Rivers weitermacht.                 

Das passende Finale von ›Time To Lose Control‹ ist der Titeltrack, dessen Anfang an Kanyes ›Runaway‹ erinnert, bevor man dann Schicht für Schicht, Coldplay-Style, einen majestätischen Popsong aufbaut, bei dem David Laudage am Ende gegen fette Background-Stimmen und die ganzen Instrumentenklaviatur ansingt: »I’ll take the risk to lose it all.« Man hört es und denkt schon gleich: Nö, Leute. Mit diesen Songs könnt ihr nur gewinnen.

                   

Text: Daniel Koch (Applause Magazin, Musikexpress)